Bodenkontamination und Sprengstoffanalytik

Dr. Rainer Haas


Büro für Altlastenerkundung und Umweltforschung,
Stadtwaldstr. 45a, 35037 Marburg
Tel: 06421 – 93084, URL: r-haas.de, E-Mail: haasr at gmx.net

Bodenkontamination und Sprengstoffanalytik
1130-Haas-Marburg.pdf
Adobe Acrobat Dokument 453.2 KB

Die Produktion, Verarbeitung und Delaborierung von Sprengstoffen seit dem ersten Weltkrieg hatte an vielen Orten Bodenkontaminationen zur Folge, die bis heute andauern. Durch Auswaschungen von Sprengstoffen, die meist sehr heterogen im Boden verteilt sind, kommt es zu Kontaminationen des Grundwassers. In Lösung, auf dem Weg zum Grundwasser, können mikrobielle und chemische Umwandlungen der Sprengstoffe stattfinden. Diese mikrobiellen und chemischen Metabolite haben oft andere Eigenschaften als die Ausgangsprodukte.

 

Zwei Sprengstoffe sind für Boden- und Grundwasserkontaminationen im Bereich von Rüstungsaltstandorten von besonderer Bedeutung: 2,4,6-Trinitrotoluol (TNT) und Hexogen (RDX). TNT und seine Metabolite sind im Boden mobil, werden aber z.B. an Tonminerale gebunden und können somit immobilisiert werden. Mikrobiell wird TNT sowohl oxidativ (Bildung von Nitrobenzoesäuren und Trinitrobenzol) als auch reduktiv (Bildung von Aminodinitrotoluolen) umgesetzt. Diese Umwandlungen haben starken Einfluß auf Toxizität und Mobilität; aromatische Amine sind toxischer als Nitroaromaten, Nitrobenzoesäuren sind mobiler als Nitroaromaten.

 

Hexogen ist im Boden wesentlich mobiler als TNT. Schon sehr geringe Bodenverunreinigungen bedingen oft starke, ausgedehnte Grundwasserkontaminationen, wie in den letzten Jahren auf einigen bayerischen Truppenübungsplätzen und auch an weiteren Rüstungsaltstandorten nachgewiesen wurde. Hexogen (RDX) wird mikrobiell reduktiv abgebaut, erstes und wichtigstes Abbauprodukt ist das Mononitroso-Hexogen (MNX). Als nichtaromatische Verbindung erfolgt relativ leicht die Ringspaltung. Die niedermolekularen Spaltprodukte, u.a. Formaldehyd und Hydrazine, besitzen eine höhere Toxizität als Hexogen, sind aber analytisch nur sehr schwer zu bestimmen.

 

Die Geringfügigkeits-Schwellenwerte liegen für Hexogen bei 1 μg/l und für die TNT-Metabolite Aminodinitrotoluole bei 0,2 μg/l.

 

Die chemisch-analytische Untersuchung muss sowohl die Ausgangssubstanzen als auch die Umwandlungsprodukte erfassen. Aus dem oben gesagten ergibt sich folgende Stoffliste:

 

1) Hexogen-Gruppe:

 

  • Hexogen (RDX); Sprengstoff
  • Oktogen (HMX); Produktions-Nebenprodukt und Sprengstoff
  • Mononitroso-Hexogen (MNX); erster und wichtigster mikrobieller Metabolit


2) TNT-Gruppe:

 

  • 2,4,6-Trinitrotoluol (TNT); Sprengstoff
  • 2,4-Dinitrotoluol (2,4-DNT); Produktions-Nebenprodukt
  • 2,6-Dinitrotoluol (2,6-DNT); Produktions-Nebenprodukt
  • 2-Amino-4,6-Dinitrotoluol; mikrobieller Metabolit
  • 4-Amino-2,6-dinitrotoluol; mikrobieller Metabolit
  • 1,3,5-Trinitrobenzol; mikrobieller Metabolit, aus 2,4,6-Trinitrobenzoesäure

 

Polare Nitroverbindungen:

 

  • 2,4,6-Trinitrobenzoesäure; mikrobieller Metabolit
  • 2-Amino-4,6-dinitrobenzoesäure; mikrobieller Metabolit
  • 4-Amino-2-6-dinitrobenzoesäure; mikrobieller Metabolit
  • 2,4-Dinitrobenzoesäure; mikrobieller Metabolit
  • 2,4-Dinitrotoluolsulfonsäure(3); mikrobieller Metabolit bzw. Produktionsnebenprodukt
  • 2,4-Dinitrotoluolsulfonsäure(5); mikrobieller Metabolit bzw. Produktionsnebenprodukt.

 

Als analytische Methode wird hauptsächlich HPLC mit Diodenarraydetektor eingesetzt, mit der in zwei analytischen Läufen alle o.g. relevanten Substanzen empfindlich erfasst werden. Die analytische Methode für die polaren Nitroverbindungen wurde im abgeschlossenen KORA-Projekt, Teilverbund 5 Rüstungsaltlasten, entwickelt und validiert.

 

Zur Bestimmung der aktuellen Konzentration von Sprengstoffen und Metaboliten im Wasser ist die herkömmliche Untersuchung einer Wasserprobe geeignet. Zur Ermittlung von Schadstoff-Frachten haben sich Passivsammler bewährt. Vom Autor wurde die Eignung eines eigenentwickelten Passivsammler-Systems (Gaiasafe-Passivsammler) zur Frachtermittlung von Sprengstoffen und Metaboliten in Grund- und Oberflächenwasser im o.g. KORA-Projekt, Teilverbund 5 Rüstungsaltlasten, nachgewiesen. Diese Passivsammler werden zur Zeit an einigen
Rüstungsaltstandorten in Grund- und Oberflächenwasser eingesetzt.